Umsatzsteuerbetrug & Import One Stop Shop (IOSS)

Der IOSS sollte helfen, dass die EU Staaten mehr Umsatzsteuer bei Lieferungen aus Drittstaaten einnehmen. Ein Schreiben des Bundesministerium der Finanzen zeigt: Das wird wohl nicht funktionieren.
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 4 min. Lesezeit
Umsatzsteuerbetrug & Import One Stop Shop (IOSS)

Die größte Umsatzsteuerreform für den Onlinehandel ist seit Kurzem in Kraft und so langsam zeigt sich, was alles noch nicht rundläuft.

Ein aktuelles Schreiben des Bundesministerium der Finanzen (BMF) vom 10. August 2021, welches wir im Folgenden besprechen, legt Schwächen dar und offenbart erstaunliche Zahlen.

Dabei stehen Lieferungen aus Drittstaaten in die EU – sogenannte Fernverkäufe mit Drittlandsbezug – im Fokus. Diese waren (und sind es vermutlich noch) sehr betrugsanfällig.

Das bedeutet, dass wahrscheinlich nur ein Bruchteil der Umsatzsteuer erhoben wird, die eigentlich anfallen müsste.

Aus diesem Grund wurde auch die umsatzsteuerliche Systematik dieser Lieferungen zum 1. Juli 2021 neu geregelt – inklusive der Art und Weise, wie diese dem Fiskus gegenüber erklärt werden.

Lieferungen aus Drittstaaten und der IOSS

Ein Treiber der Reform war es, das Umsatzsteueraufkommen bei Lieferungen aus Drittstaaten zu erhöhen, da an dieser Stelle der Betrug in den vergangenen Jahren massiv war.

Eine umfassende Erklärung zum IOSS findet ihr in diesem Artikel. Zusammengefasst lässt sich Folgendes sagen.

  • Seit dem 1. Juli 2021 sind Lieferungen aus Drittstaaten – z.B. der VR China – ab dem ersten Cent immer im Bestimmungsland steuerpflichtig.
  • Es gibt somit keine umsatzsteuerlichen Freigrenzen mehr. Die sogenannten 22-Euro-Lieferungen, welche in der Vergangenheit regelmäßig zur Hinterziehung von Umsatzsteuer missbraucht wurden, sind zum 1. Juli 2021 EU-weit abgeschafft worden.
  • Damit Händler aus Drittstaaten – aber auch Händler aus der EU mit Lieferungen aus Drittstaaten in der EU – sich nicht unmittelbar in jedem EU-Staat steuerlich registrieren müssen, in das sie nur ein Paket versenden, wurde der sogenannte Import One Stop Shop geschaffen.
Onlinehändler, die aus Drittländern an private Endkunden in der EU versenden, können den IOSS zur digitalen Umsatzsteuer-Deklaration und -Bezahlung nutzen
  • Der IOSS funktioniert folgendermaßen: Die Umsatzsteuer für Fernverkäufe aus Drittstaaten mit einem Sachwert von bis zu 150 Euro kann direkt und monatlich zentral über den IOSS deklariert werden. Zusätzlich werden diese Lieferungen von der Einfuhrumsatzsteuer befreit.

Ist der IOSS nun ein Erfolg?

Aktuelle Zahlen des BMF: IOSS (noch) kein Erfolg!

Schaut man sich die aktuellen Zahlen an (Stand 6. August 2021) gab es lediglich 428 registrierte Unternehmen.

Diese Zahl ist erschreckend niedrig, da es alleine zehntausende Onlinehändler aus der VR China gibt, welche über Webshops wie z.B. Shopify ihre Produkte direkt in die EU verkaufen.

Interessant: Von den 428 registrierten Unternehmen in Deutschland ist ein niedriger zweistelliger Prozentanteil Taxdoo-Kunde und in der EU ansässig.

Auskunft des Bundesministerium der Finanzen vom 10. August 2021 zur Anzahl der bis dahin registrierten Unternehmen zum IOSS

Die Antwort, warum der IOSS (noch) nicht in der breiten Masse angekommen ist, hat sicher einige Gründe. Ein Grund dürfte aber ganz oben im Ranking stehen.

Ab Juli 2021 immer Umsatzsteuer! Wird daher jedes Paket geprüft?

… das müsste die Konsequenz sein. Leider sieht die Realität anders aus.

Die niedrigen IOSS-Zahlen lassen sich in diesem Kontext einfach erklären.

Frage: Wer hat einen Anreiz, sich für den IOSS zu registrieren?

Antwort: Derjenige, der (einfach und effizient) seine Umsatzsteuer abführen will.

Leider gibt es auch seit dem 1. Juli 2021 noch immer keinen wirklichen Anreiz für unredliche Händler aus Drittstaaten. Das verdeutlicht der folgende Auszug aus dem BMF-Schreiben.

Schreiben des Bundesministerium der Finanzen vom 10. August 2021 zur Frage nach Konrollen des Zoll zur Versteuerung von Import-Sendungen

Klartext zu dieser Passage: Der Zoll verfügt über geringe Ressourcen und kann nur einen winzigen Bruchteil der aus Drittstaaten eingeführten Pakete tatsächlich prüfen. Da kann die Struktur noch so dezidiert sein und es kann noch so viele Risikoparameter geben. Dieses Missverhältnis ist auch kein Geheimnis.

Fazit: Es fehlen weiterhin die Anreize!

Ja, die Steuerpflicht bei Fernverkäufen aus Drittstaaten über Marktplätze obliegt seit dem 1. Juli 2021 Amazon & Co.

Aber mittlerweile gibt es zehntausende (vermutlich noch mehr) Shopify-Händler aus der VR China und anderen Drittstaaten, die ihre Produkte weiterhin umsatzsteuerfrei in die EU versenden können, weil es keine hinreichenden Ressourcen aufseiten des Zolls gibt.

Taxdoo als skalierbare Plattform im Bereich Buchhaltung und Umsatzsteuer für Amazon und mehr – inklusive IOSS-Schnittstelle

Ihr wollt mehr darüber erfahren, wie Taxdoo euch als Steuerberater oder Händler das Leben erleichtert?

Dann bucht eine persönliche Live-Demo über diesen Link!

Unsere Experten erklären euch, was wir können und wie wir euer Setup bzw. das eurer Mandanten einfach mit unserer Plattform verbinden.

Weitere Beiträge

24. May 2022

Umsatzsteuereinnahmen aus OSS und IOSS: Grund zum Jubeln?

Die Generaldirektion Steuern und Zollunion hat Zahlen zu den Umsatzsteuereinnahmen seit Einführung des One Stop Shop (OSS) und des Import One Stop...
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 3 min. Lesezeit

Dropshipping und OSS / IOSS: Nicht alle Lieferungen können darüber gemeldet werden

Logistisch ist Dropshipping für jeden Onlinehändler ein Traum. Umsatzsteuerlich kann Dropshipping dagegen schnell zum Alptraum werden, vor allem wenn Ihr Eure Umsätze...
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann

Der Import One Stop Shop (IOSS) aus Sicht eines Onlinehändlers

Neben dem One Stop Shop (OSS) ist der Import One Stop Shop (IOSS) ein zentrales Element der EU Umsatzsteuerreform 2021. Wir erklären:...
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 15 min. Lesezeit