5 Lehren aus 5 Jahren Taxdoo

Dr. Matthias Allmendinger
Dr. Matthias Allmendinger
  • 12 min. Lesezeit
5 Lehren aus 5 Jahren Taxdoo

Heute vor fünf Jahren haben wir Taxdoo gegründet. Was als Idee schon länger geplant war, haben wir an jenem 3. Mai 2016 in GmbH-Form beim Notar gegossen. Es fühlt sich nicht wie ein halbes Jahrzehnt an, weil die Tage und Wochen nur so an einem vorbeiziehen. Welche Lehren habe ich aus Gründung und fünf Jahren Taxdoo gezogen? Bevor ich auf die fünf wichtigsten Erkenntnisse eingehe, ein kurzer Hintergrund zu Taxdoo.

Die Vorgeschichte

Anfang der 2010er Jahre durfte ich meine beiden Mitgründer Roger und Christian (und Moritz, unseren heutigen Vice President Sales) während meiner Promotion am Lehrstuhl für Bankbetriebslehre und Behavioral Finance an der Universität Hamburg kennenlernen. Aus Promotionskollegen wurden schnell gute Freunde und ich freue mich, dass wir das bis heute geblieben sind.

Beim regelmäßigen Kräftemessen am Kickertisch, bei Pokerabenden, Fußballgucken oder dem Feierabendbier wurden auch Geschäftsideen diskutiert, ein richtiges Gründungsfieber war aber gut zehn Jahre nach dem Platzen der New-Economy-Blase noch nicht wirklich wieder zu spüren. Die großen Gründungen wurden jenseits des Atlantiks gemacht, der Film The Social Network brachte uns eine Idee vom Für und Wider von Gründen mit Freunden.

Die erste Idee, die wir zusammen verfolgten, war die Digitalisierung von Speisekarten. Wir wollten Gastronomen von der Kreidetafel und Word-Dateien hin ins 21. Jahrhundert bringen. Menuload sollte der zentrale Ort dafür werden, das Angebot zu bearbeiten, das dann von unserem System automatisiert auf der Webseite, optimiert für Mobilgeräte und bei Suchmaschinen landen sollte. Das Produkt sah gut aus, es hat funktioniert, es wollte nur niemand dafür bezahlen. Was wir schlichtweg nicht bedacht hatten: Die meisten Restaurants leben von der Laufkundschaft, und wer Stammgast ist, der kennt das Angebot schon. Die Zahlungsbereitschaft ging also gegen Null. Vom Lieferboom der 2020er Jahre, der einen zentralen Ort mit strukturierten Daten über das Angebot von Restaurants aus ganz anderer Perspektive wieder interessant gemacht hätte, war damals noch nichts zu ahnen. Gelernt haben wir trotzdem eine Menge über Gründung, Produktentwicklung und Teamarbeit.

Gegen Ende des Jahres 2014 tauchte erstmals das Thema Umsatzsteuer in unserer Diskussion auf. Der Auslöser war eine Änderung in der Bewertung von digitalen Produkten. Künftig sollte die Umsatzsteuer in dem Land erhoben werden, in dem der Käufer seinen Sitz hat. Gleichzeitig konnte der Verkäufer alle Transaktionen zentral über eine Stelle melden, statt sich in jedem Land zu registrieren (der sogenannte „Mini One-Stop-Shop“). Gemeinsam mit Roger, dessen umsatzsteuerlicher Hintergrund hier ausschlaggebend war, überlegten wir, ob wir hier ein Produkt bauen können. Der erste Prototyp hierfür war bereits fertig: Geplant war ein Plugin, das Shopbetreiber einfach in ihren Shop integrieren können, und automatisiert die korrekte Umsatzsteuer berechnet sowie die Rechnung erstellt. Die Marktreife hat dieses Produkt aber nicht erlangt, der Grund: Unsere Analysen und Gespräche brachten zum Ergebnis, dass der Markt für digitale Produkte außerhalb großer Marktplätze wie AppStore oder Google Play noch nicht ausreichend groß genug für uns war. Deshalb wollten wir uns stattdessen zunächst auf den Markt mit physischen Produkten stürzen.

Im Frühjahr 2015 wurden wir außerdem auf EXIST aufmerksam gemacht. EXIST ist ein Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft, mit dem Gründungen aus der Wissenschaft gefördert werden. Neben einem monatlichen Stipendium erhält man zusätzlich Sachmittel und Fortbildungsangebote. Die Organisation erfolgt über die betreuende Universität oder Hochschule, die zusätzlich Büroflächen zur Verfügung stellt. Ein hervorragendes Programm, das uneingeschränkt weiterzuempfehlen ist. Als aktuelle oder neue Absolventen des Promotionsprogramms waren wir teilnahmeberechtigt und machten uns im Mai 2015 an die Arbeit für ein Ideenpapier, das die Grundlage für die Bewerbung bildet.

In diese Zeit fiel auch unsere Namensfindung. Nach einer ersten Überlegung, in Anlehnung an unsere erste Gründung die neue Firma VATload zu nennen, konnten wir uns schnell auf Taxdoo einigen. „Tax“ sollte auftauchen, „do“ als Anspielung darauf, dass es so einfach wie möglich zu handhaben ist, die Marke und der Domainname waren noch verfügbar und die beiden aufeinanderfolgenden Os erinnerten an Tech-Wegmarken wie Google und Yahoo. Der perfekte Name.

Nach einer etwa 3-monatigen Wartezeit erhielten wir Anfang November 2015 eine Absage. Kein EXIST für Taxdoo. Nach dem ersten Schock ging es nun darum, sich möglichst schnell wieder aufzurappeln. Was jetzt? Wir wollten die Gründung, und wir wollten uns auf die Suche nach alternativen Kapitalgebern machen.

Kurz nach der Absage aber wieder ein Hoffnungsschimmer: Wir waren vom EXIST-Gutachter zwar abgelehnt worden, die erzielte Punktzahl erlaubte aber eine Nachbesserung. Nils Neumann von der TU Hamburg-Harburg hat uns damals bestärkt, diesen Weg zu verfolgen und hat uns bei der Erstellung des Ideenpapiers wie bei der Nachbesserung maßgeblich begleitet. Wir bekamen Einsicht in das Gutachten und stellten fest, dass ein Verständnisproblem vorlag. Der Gutachter ging davon aus, dass, wenn wir unsere Lösung auch an Händler vertreiben wollten, die auf Amazon oder anderen Marktplätzen ihre Ware verkaufen, wir Zugriff auf den Checkout-Prozess dieser Marktplätze bräuchten. Ein Missverständnis, das wir im Rahmen der Nachbesserung ausräumen konnten.

Anfang Februar 2016 kam dann die ersehnte Nachricht: EXIST ist bewilligt, und es kann endlich formal losgehen. Bereits am nächsten Tag bezogen wir unser erstes Büro in der Max-Brauer-Allee 60 in Hamburg und am 3. Mai folgte dann die Gründung der GmbH. In den letzten fünf Jahren durften wir riesige Erfolge feiern, dafür bin ich, dafür sind wir alle unendlich dankbar.

Die wichtigsten Erkenntnisse aus 5 Jahren Taxdoo

1. Das Produkt muss ein bestehendes Problem überdurchschnittlich gut lösen

Oft gelesen, noch häufiger nicht beherzigt: Das Produkt muss ein tatsächlich existerendes Problem besser lösen, und zwar fühlbar besser. Menschen sind von Natur aus träge. Um sie zu einem Wechsel zu bewegen, muss die Verbesserung im Vergleich zur bisherigen Lösung spürbar sein.

Unser erster Kunde war Christian Strohecker aus Hamburg, der im Spätsommer 2016 zu uns stieß. Mit wellyou.de verkauft er erfolgreich Baby- und Kindermode. Als früher Nutzer von FBA (Fulfillment by Amazon) nutzte er Lager von Amazon in Polen und Tschechien, und ließ die Umsatzsteuermeldung durch die lokalen Außenhandelskammern machen. Hinzu kam für ihn erheblicher Dokumentations- und Abstimmungsaufwand mit einer Buchhalterin und dem eigenen Steuerberater. Obwohl wir zum damaligen Zeitpunkt noch keine graphische Oberfläche bieten konnten, hat Christian schnell erkannt, welches Potential Taxdoo für seine Arbeitsabläufe haben kann. Nach eigener Rechnung spart er dank dem Einsatz von Taxdoo über 80% im Vergleich zu seinen vorherigen Kosten. Wir freuen uns sehr, dass Christian uns weiterhin die Treue hält und wir ihn dabei unterstützen dürfen, seine Produkte in der ganzen Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich zu verkaufen.

2.  Früh delegieren

Zu Beginn macht man als Gründer alles, schon deshalb, weil im Regelfall kein Geld für weitere Angestellte verfügbar ist. Sobald die Mittel vorhanden sind, sollte man aber so schnell wie möglich Aufgaben delegieren, schon weil man selbst als Gründer sonst nicht skalierbar ist und sich im Kleinklein verliert. Der Schritt fällt schwer, aber es fällt umso schwerer, je länger man diesen Prozess hinauszögert.

Vor Taxdoo habe ich als Programmierer überwiegend alleine gearbeitet. Das hat viele Vorteile, ist aber nicht mehr möglich, wenn ein komplexes Produkt aufgebaut und weiterentwickelt werden muss. Wir haben daher früh auf Verstärkung gesetzt. Der erste Mitarbeiter von Taxdoo war deshalb Entwickler. Patrick saß als Student in einer Bachelor-Veranstaltung des Studiengangs Wirtschaftsinformatik an der Universität Hamburg (zufälligerweise in einem Seminarraum genau eine Etage unter unserem Büro), als wir dort im April 2016 unser Projekt Taxdoo präsentieren durften. Unseren Aufruf auf der letzten Folie, sich bei uns zu bewerben, hat er sich zu Herzen genommen und fing im Juni 2016 als Programmierer bei uns an. Patrick ist nicht nur ein herausragender und überdurchschnittlich produktiver Entwickler, seine Arbeit hat auch mich in einer frühen Phase dazu gezwungen, Teile meiner eigenen Programmierarbeit zu delegieren. Ein Schritt, der einem gerade als Gründer nicht leichtfällt, aber für die weitere Skalierung unabdingbar ist. Wir sind sehr dankbar, dass Patrick uns weiterhin, seit vielen Jahren bereits in Vollzeit, unterstützt. Patrick betreut das Herz von Taxdoo, die Auswertung der Transaktionen.

Der erste Arbeitstag von Patrick im Juni 2016

3. Kommunikationstools richtig nutzen

Auch wenn man schon lange im Team zusammen arbeitet, sind gelegentliche Reibereien und Meinungsverschiedenheit nichts außergewöhnliches, sondern völlig normal. Damit sich unterschiedliche Ansichten nicht zu einem Konflikt weiterentwickeln, kommt es entscheidend darauf an, in welcher Situation man zu welchem Kommunikationstool greift.

Kurz vor unserer Gründung war ich auf Slack aufmerksam geworden, das damals ansetzte, die Unternehmenskommunikation zu revolutionieren. Zuvor hatten wir weitestgehend für den Austausch auf Skype und E-Mail gesetzt. Der Vorteil von Slack gegenüber beiden Kommunikationsformen lag einerseits in einer (aus meiner Sicht immer noch) überragenden Suchfunktion und andererseits der Gruppierung der Chats in thematisch abgegrenzte Kanäle (wie Allgemeines, Finanzen, Sales, Support).

Wir haben Slack von Beginn an innerhalb von Taxdoo genutzt und sind mittlerweile mit über 100 Personen in manchen Kanälen aktiv. Wir diskutieren und lösen Kundentickets, freuen uns über neue Kunden, und feiern Erfolge im Team. E-Mails schreiben wir deshalb intern fast gar keine. Der chat-artige Charakter von Slack birgt aber auch Raum für Missverständnisse und Fehlinterpretationen. Slack lädt dazu ein, sich sehr kurz zu fassen – manchmal zu kurz, so dass wichtiger Kontext für andere verloren gehen kann. Auch die eigene Sichtbarkeit, “online” und damit verfügbar zu sein, kann bei anderen dazu führen, sofort eine Antwort zu erwarten. Slack lenkt auch schnell ab. Bei über 50 Kanälen gibt es praktisch ständig etwas neues zu erfahren und zu lesen. Nicht immer alles verfolgen zu können, kann schnell zur Angst führen, etwas zu verpassen.

Die unschätzbaren Vorteile von Slack (oder Mitbewerbern wie Discord oder Teams) sind unbestritten, gleichzeitig sollte man sie sehr zielgerichtet nutzten. Als Grundregel: Bei kritischen Diskussionen lieber schnell das persönliche Gespräch nutzen – oder die Videokonferenz. Das geht im Zweifel schneller und bietet keinen Raum für Missverständisse. Bei Taxdoo wurde noch kein größeres Problem auf Slack gelöst oder zufriedenstellend zu Ende diskutiert.

Slack bietet viel Raum für Missverständnisse

4. Den Investor mit dem besten Netzwerk holen

Nach dem Ende der EXIST-Förderung im März 2017 machten wir uns auf die Suche nach einer Folgefinanzierung. Es waren zwar bereits erste Umsätze vorhanden, doch fielen diese zu gering aus, um uns ein dauerhaftes Auskommen, ganz zu schweigen von signifikanten Investitionen in die Zukunft zu ermöglichen. Dank einiger gewonnener Gründerwettbewerbe konnten wir uns über fehlendes Interesse nicht beklagen. Wir führten zahlreiche Gespräche mit Business Angels über eine Seed-Finanzierung.

Das einzig relevante Entscheidungskriterium ist am Ende das Netzwerk des Investors. Alle anderen Rahmenbedingungen sind verhandelbar, das Netzwerk des Investors muss aber schon vor dem Einstieg vorhanden sein. Welche Vorstellungen (Intros) kann der Investor zu potentiellen Kunden, strategischen Partnern und Kandidaten für wichtige Teampositionen machen?

Entscheidend war für uns eine Präsentation beim High-Tech Gründerfonds in Bonn. Investment-Manager Tobias Schulz kannte das Problem Umsatzsteuer aus früherer Gründererfahrung im E-Commerce und hat den Einstieg des HTGF in Taxdoo maßgeblich vorangetrieben. Der HTGF ist einer der führenden Frühphasen-Investoren in Europa und verfügt über ein sehr großes Netzwerk. Wir freuen uns, dass der HTFG weiterhin ein vertrauensvoller Partner und Investor in Taxdoo ist.

5. Vertrauensvorschuss zahlt sich aus

Gerade in einem jungen Unternehmen wird man zu Beginn überwiegend auf Berufsanfänger:innen setzen, die noch wenig Erfahrung aus früheren Stationen vorweisen können. Umso wichtiger ist es, diesen Teammitgliedern mit Respekt und Vertrauen zu begegnen. Einsteigern auch Aufgaben zuzuweisen, die sie vorher noch nirgendwo gemacht haben, ist für beide Seiten ein Wagnis und nicht ohne Risiko. Das geht natürlich nicht immer fehlerfrei, und gerade an dieser Stelle ist eine gesunde Fehlerkultur im Unternehmen unabdingbar. Fehler werden nur dann zum Problem, wenn sie verheimlicht werden oder man keine Schlüsse aus ihnen zieht.

Es gibt Statisiken, nach denen neun von zehn Unternehmensgründungen vor ihrem ersten Geburtstag scheitern. Dass wir fünf Jahre Taxdoo feiern dürfen, verdanken wir in erster Linie unserem Team von mittlerweile fast 100 begeisterten Mitarbeiter:innen. Ihrer Motivation, Freude und Einsatzbereitschaft verdanken wir es, dass wir heute dort stehen, wo wir es tun. Gemeinsam mit unserem Team leben wir unsere Werte Einfachheit, Diversität, Qualität und Vertrauen.

Der größte Teil unseres Teams im April 2021

Ein Champion aus Europa

Wir sind unseren Nutzer:innen für ihr Vertrauen in Taxdoo äußerst dankbar. Einem jungen Unternehmen ein Rechtsthema wie Umsatzsteuer anzuvertrauen erfordert einen Vorschuß an Vertauen, dem wir jeden Tag aufs Neue gerecht werden wollen.

Unterstützt von einem starken Team und herausragenden Investoren sind wir sicher, dass es auch einem europäischen Unternehmen gelingen kann, eine Tech-Firma von globaler Bedeutung aufzubauen.

Wir fangen gerade erst an. Unsere Vision ist es, Handel wirklich nahtlos zu machen, und zwar für Unternehmen jeder Größe. Der E-Commerce hat es vor allem für kleine und mittelgroße Händler sehr einfach gemacht, über Grenzen hinweg Handel zu betreiben und Logistikstrukturen zu nutzen, die früher nur großen Unternehmen zur Verfügung standen.

Nur wenn die Befolgung von Vorschriften dabei kein Hindernis ist, sind die Möglichkeiten auch für kleinere Unternehmen wirklich grenzenlos. Wir kümmern uns darum, damit sie sich auf ihr Kerngeschäft fokussieren können, um noch erfolgreicher zu werden.

Zum Schluss: Wir suchen Taxdeerns und Taxdudes, die unser Team verstärken wollen. Egal, ob in Hamburg, oder nicht. Unsere Mission und unsere Werte Einfachheit, Diversität, Qualität und Vertrauen sind überall die gleichen.

Auf die nächsten fünf Jahre! ?

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